Einsatzstellen- und Feuerwehrhaushygiene
Wer kennt es nicht? Bilder nach Einsätzen von verrußten Gesichtern, dreckigen Einsatzbekleidungen und eine Atmosphäre in den Feuerwehrhäusern wie in einer Räucherkammer. Lange Zeit wurden die Warnhinweise ignoriert und leichtfertig abgetan. Galt es doch als Zeichen, je dreckiger desto besser der Einsatz. Doch das Thema Einsatzstellen- und Feuerwehrhaushygiene bahnt sich unaufhörlich seinen Weg in die Feuerwehren. Initiativen wie www.feuerkrebs.de oder aktuelle Publikationen der DGUV (205-035) verdeutlichen inzwischen die Wichtigkeit der sogenannten Schwarz-Weiß-Trennung. Die Farbbezeichnungen sind im übertragenen Sinn dem Verschmutzungsgrad der Materialien zuzuordnen. Weiße Gegenstände sind im Alltagsgebrauch verwendete Materialien und schwarze Gegenstände sind im Einsatz (vor allem durch Ruß) kontaminierte Gegenstände.
Die beiden Einsatzabteilungen der Freiwilligen Feuerwehr Rutesheim gehen daher auch in diesem Themenfeld neue Wege. Dreckige Einsatzbekleidung, Räucherkammern und verschleppte Gefahrstoffe sollen damit der Vergangenheit angehören.
Anfang Februar 2018 wurden erstmals 15 Trainingsanzüge beschafft. Diese ermöglichten es den Atemschutzgeräteträgern sich direkt nach einem Brandeinsatz an der Einsatzstelle umzuziehen und so die kontaminierte Einsatzbekleidung noch am Einsatzort zu wechseln. Somit sollte ein Großteil der Kontamination innerhalb der Mannschaftsräume der Fahrzeuge erfolgreich unterbunden werden. Zum Einsatz kamen die Trainingsanzüge das erste Mal bei einem Zimmerbrand direkt im März des Jahres 2018. Dieser Einsatz bildete den Auftakt einer ganzen Reihe von Verbesserungen im Themenschwerpunkt Einsatzstellenhygiene.
Bereits bei der erstmaligen Verwendung der Trainingsanzüge konnten erste Lehren gezogen werden. So wurde festgestellt, dass die Trainingsanzüge nicht für alle Feuerwehrkameraden/innen gleichermaßen geeignet waren. Daraufhin wurden weitere Konfektionsgrößen aufgenommen. Ebenfalls ergab sich bei der erstmaligen Nutzung, dass die Lagerung der Trainingsanzüge, die bis dato nur in faltbaren Einkaufskisten gelagert wurden, sowie die Möglichkeit zum Umkleiden an der Einsatzstelle überdacht werden musste. Ein Umkleiden auf offener Straße ohne Wetter- und Sichtschutz oder im Mannschaftsraum wurde als „dauerhaft ungeeignet“ bewerten. So entstand erstmals die Idee, einen Umkleidebereich auf der großräumigen Ladefläche unseres Gerätewagen-Transport (GW-T) während eines Einsatzes einzurichten.
Die Idee begeisterte und so entstand mittels engagierter Kameraden/innen in ehrenamtlicher Arbeit die erste Version des sogenannten „Dekon-Wagen Rutesheim“. Die Bezeichnung „Dekon“ ist eine Abkürzung und bezeichnet die Dekontamination, sprich das Entfernen von Gefahrstoffen. Bei dem in selbstbauweiße entstandenen Dekon-Wagen handelte es sich um einen einfachen Rollcontainer, in dessen die bereits vorhandenen, sowie weitere nützliche Materialien, die zur Reduzierung der Kontaminationsverschleppung dienten, verlastet wurden. Die erste Version enthielt:
- 20 Trainingsanzüge in einer Plastikkiste
- Eine undurchsichtige Plane mit Karabinern, zum Einhängen an der Ladebordwand des Gerätewagen-Transport (GW-T) dient als Sichtschutz während dem Umkleiden
- Einer Fußmatte zum Betreten der Ladefläche während des Umkleidens ohne Schuhwerk
- Ein in Selbstbauweise entstandenes Hygienebrett zum Einhängen an der Ladebordwand des Gerätewagen-Transport (GW-T) mit Handdesinfektionsmittel, Einweghandschuhen, Hygienepapier und Müllsäcken
Unabhängig zur Verlastung der Trainingsanzüge auf dem Dekon-Wagen, wurden ebenfalls einige Trainingsanzüge auf unserem Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug HLF 20/16 verlastet. Diese bieten auch bei kleineren Einsätzen, wie beispielsweise einem PKW-Brand auf der Autobahn, die Möglichkeit zum Wechseln von kontaminierter Einsatzkleidung, ohne die explizite Anwesenheit des Gerätewagen-Transports (GW-T) an der Einsatzstelle. Befindet sich der Gerätewagen-Transport (GW-T) nicht an der Einsatzstelle, so ist ebenfalls wichtig zu gewährleisten, dass in diesem Fall alle im Einsatz befindlichen Materialien, sowie die gewechselten, kontaminierten Einsatzbekleidungen für die Rückfahrt zum Feuerwehrhaus in den Geräteräumen und nicht im Mannschaftsraum untergebracht werden. Nicht umsonst wurden unsere beiden neuen HLF 10 und HLF 20 mit jeweils sechs Atemschutzgeräten im Mannschaftsraum geplant. Dies soll vor allem eine saubere Schwarz-Weiß-Trennung gewährleisten, sowie den Atemschutzgeräteträgern einen trockenen und sauberen Vorbereitungsplatz bieten.
Gegen Ende des Jahres 2018 und zahlreichen Einsätzen in denen sich die konsequente Trennung von kontaminierter Einsatzbekleidung, sowie verschmutzen Gerätschaften bewährt hat, ist eine weitere Idee zur Verbesserung der Sauberkeit umgesetzt worden. Dabei sind, zur Vermeidung von der Kontaminationsverschleppung über die getragenen Stiefel, 25 Paare Gummi-Schuhe beschafft worden. Diese werden von den Atemschutzgeräteträgern beim Umkleiden anstelle der persönlichen Feuerwehrstiefel angezogen und können ebenso wie die Trainingsanzüge nach dem Einsatz im Feuerwehrhaus gewaschen und wiederverwendet werden. Durch das zusätzliche Material stieß der bisher verwendete Rollwagen an seine Grenzen. Ein größerer Wagen wurde notwendig. Dieser konnte durch das Gefahrstoff-Team, welches sich kontinuierlich mit dem Einführen weiterer Materialien auch in seiner Zahl an Teammitgliedern vergrößern konnte, gebaut werden und ist zwischenzeitlich nicht mehr aus dem Einsatzstellenhygienekonzept der Feuerwehr Rutesheim wegzudenken.
Da die im Einsatz getragene Einsatzbekleidung bereits an der Einsatzstelle in Plastiktüten verpackt und im Anschluss der professionellen Reinigung zugeführt wird, stehen den Kameraden/innen im Feuerwehrhaus entsprechende Ersatzbekleidungen zur Verfügung. Diese kann bis zur Rückkehr der eigenen Uniform aus der professionellen Reinigung in Übungen oder Einsätzen getragen werden. Inzwischen wird jede Einsatzbekleidung, unabhängig ihrer Nutzung, mindestens einmal im Jahr gewaschen.
Das Thema Waschen im Feuerwehrhaus ist im Zuge der umfangreich eingeführten Maßnahmen zur Schwarz-Weiß-Trennung ebenfalls überdacht worden. Hierfür wurden nun weitere Waschmaschinen angeschafft. In der sogenannten Weißen-Maschine dürfen nur Kleidungsgegenstände gewaschen werden, die nicht im Einsatz kontaminiert worden sind, wie zum Beispiel die Trainingsanzüge. Auch werden in dieser Maschine Handtücher, Geschirrtücher und vergleichbare Gegenstände aus ähnlichen Verwendungszwecken gewaschen. In den sogenannten Schwarzen-Maschinen darf dagegen nur Einsatzmaterial, beispielsweise Flammschutzhauben und Schutzhüllen der Atemschutzflaschen, gewaschen werden.
Eine weitere Verbesserung im Feuerwehrhaus betraf die grobe Reinigung nach dem Einsatz für Stiefel, Helme und Handschuhe. Hier wurde der bisherige Waschplatz entsprechend aufgewertet und neu organsiert. Auch die Duschsituation für die Feuerwehrangehörigen wurde ertüchtigt. Alle Kameraden/innen können so eine Verschleppung von Gefahrstoffen bis in die eigenen vier Wände und der Familie vermeiden. Entsprechende frische Wechselkleidung und Duschutensilien kann in bereitgestellten geschlossenen Plastikboxen auf dem persönlichen Spind gelagert werden.
Gerade auch das Thema Feuerwehrhaushygiene hat sich schnell in den Köpfen der Mannschaft etabliert. So ist es nun vollkommen selbstverständlich nicht mehr in dreckiger Einsatzbekleidung im Mannschaftsraum zu sitzen, sondern sich nach den Übungen oder den Einsätzen entsprechend zu reinigen und frisch umzuziehen.
Als Fazit der ein- und konsequent durchgeführten Trennung von kontaminierter Ausrüstung kann festgestellt werden, dass nach Brandeinsätzen eine Verschleppung der Kontamination auf ein Minimum reduziert werden konnte. Auch der typische, stechende Gestank nach einem Brandeinsatz ist aus dem Feuerwehrhaus nahezu verschwunden. In der Mannschaft findet das Thema Einsatzstellenhygiene sehr großen Zuspruch und viele Ideen zur weiteren Verbesserung werden auch heute noch an das Gefahrstoff-Team herangetragen und sukzessive umgesetzt.
Konsequente Schwarz-Weiß-Trennung zahlt sich aus, denn es geht um unsere Gesundheit!